Tarifklausel diskriminiert Teilzeitbeschäftigte
Ein ambulanter Dialyseanbieter beschäftigt eine Pflegekraft in Teilzeit mit einem Umfang von 40 Prozent eines Vollzeitbeschäftigten. Ein auf das Arbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag sieht vor, dass Überstunden mit einem Zuschlag von 30 Prozent vergütet oder mit einer entsprechenden Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto eingestellt werden, sofern die reguläre Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde. Nachdem die Pflegekraft in der Vergangenheit in erheblichem Umfang Überstunden geleistet hatte, für die sie weder Überstundenzuschläge noch eine entsprechende Zeitgutschrift erhalten hatte, zog sie vor Gericht. Sie hielt die Regelung im Tarifvertrag für eine unzulässige Benachteiligung wegen ihrer Teilzeittätigkeit. Das BAG gab ihr recht, nachdem es den Fall vorab dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Beurteilung vorgelegt hatte. Die Erfurter Bundesrichter begründeten ihre Entscheidung wie folgt: Nach den Vorgaben des EuGH sei davon auszugehen, dass die Regelung im Tarifvertrag insoweit wegen Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten unwirksam sei, als sie bei Teilzeitbeschäftigung keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Überstundenzuschlages vorsehe. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar. Die Pflegkraft könne daher eine entsprechende Zeitgutschrift für geleistete Überstunden in ihrem Arbeitszeitkonto verlangen. Außerdem erhalte sie eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) in Höhe von 250 Euro. Denn durch die Anwendung der tarifvertraglichen Regelung habe sie auch eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts erfahren, da in der Gruppe der beim Arbeitgeber in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern zu mehr als 90 Prozent Frauen vertreten seien, BAG, Urteil vom 05.12.2024, Az. 8 AZR 370/20.