Urteil
/ 30. Juli 2024

Lohndifferenz: Indiz für Ungleich­behandlung wegen des Geschlechts

Bisher werden Ansprüche zur Beseitigung der Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen nach dem Entgelttransparenzgesetz eher selten gerichtlich geltend gemacht. Das könnte sich nach einem aktuellen Urteil des LAG Baden-Württemberg bald ändern.

Pauschale Begründung für unterschied­liche Bezahlung unzureichend

Zwischen einer als Leiterin des Bereichs Projekt- und Prozessmanagement beschäftigten Mitarbeiterin und ihrem Arbeitgeber war es zu verschiedenen Streitigkeiten gekommen, die schließlich vor Gericht ausgetragen wurden. Hierbei ging es u. a. um Ansprüche nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG). Konkret verlangte die Mitarbeiterin vom Arbeitgeber ein höheres Grundgehalt und ein sogenanntes Dividendenäquivalent entsprechend dem Vergleichsentgelt ihrer männlichen Kollegen. Welche männlichen Kollegen zur Vergleichsgruppe zählen und die Höhe ihrer Vergütung war zwischen den Parteien unstreitig.

Der Arbeitgeber berief sich zur Begründung der ungleichen Bezahlung auf das höhere Lebensalter, die längere Berufserfahrung und die bessere Arbeitsqualität der männlichen Kollegen. Zu Unrecht, entschied das LAG Baden-Württemberg. Stehe fest, dass ein Arbeitnehmer im Hinblick auf einen oder mehrere Vergütungsbestandteile niedriger vergütet worden sei als diejenige Vergleichs­gruppe des anderen Geschlechts, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichte, sei dies ein Indiz für eine Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts. Um dies zu widerlegen, müsse der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass ausschließlich andere Gründe als das Geschlecht zu einer ungünstigeren Behandlung des Arbeitnehmers geführt hätten. Berufe sich der Arbeitgeber darauf, dass die Personen aus der Vergleichsgruppe eine größere Berufserfahrung, eine längere Betriebszugehörigkeit und/oder eine höhere Arbeitsqualität aufwiesen, müsse er darlegen, wie er diese Kriterien im Einzelnen bewertet und zueinander gewichtet habe. Gelinge ihm die entsprechende Darlegung und gegebenenfalls der entsprechende Beweis nicht, stehe dem Arbeitnehmer eine höhere Vergütung nach Maßgabe des Entgeltgleichheitsgesetzes zu.

Im Streitfall habe der Arbeitgeber sich zwar darauf berufen, dass die männlichen Kollegen durchschnittlich etwas länger bei ihm beschäftigt seien und die Mitarbeiterin unterdurchschnittlich „performed“ habe. Wie die Kriterien „Berufserfahrung“, „Betriebszugehörigkeit“ und „Arbeitsqualität“ im Einzelnen bewertet worden seien, habe der Arbeitgeber jedoch nicht dargestellt, genauso wenig wie die Gewichtung dieser Kriterien zueinander, LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.06.2024, Az. 4 Sa 26/23.

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