Wilder Streik rechtfertigt fristlose Kündigung
Wilder Streik ist erhebliche Pflichtverletzung
Bei dem Lieferdienst Gorillas hatte sich Anfang Oktober 2021 eine Vielzahl von als Fahrradkurier (sogenannter Rider) beschäftigten Mitarbeitern zu Protesten vor einzelnen Filialen des Lieferdienstes versammelt, den Zugang zu den Filialen blockiert und Lieferfahrräder auf den Kopf gestellt. Die Mitarbeiter wollten mit ihrem vier Tage dauernden Streik u. a. pünktliche Bezahlung sowie die Ausstattung mit Regenkleidung erreichen. Mehrfache Aufforderungen des Arbeitgebers, die Streikmaßnahmen zu beenden waren erfolglos. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin mehreren am Streik beteiligten Mitarbeitern fristlos. Zwei Betroffene erhoben Kündigungsschutzklage mit der Begründung, dass auch die Teilnahme an einem verbandsfreien Streik eine zulässige Rechtsausübung darstelle. Die in Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) geschützte Koalitionsfreiheit schütze auch Arbeitskampfmaßnahmen, die nicht den Abschluss eines Tarifvertrages zum Ziel hätten und deshalb auch nicht gewerkschaftlich organisiert sein müssten. Diese Auffassung teilte das Gericht nicht. Eine nicht gewerkschaftlich organisierte Protestaktion sei nicht als zulässige Ausübung des Streikrechts im Sinne des Art. 9 Abs. 3 GG zu beurteilen, auch nicht unter Berücksichtigung von Teil II Art. 6 Nr. 4 der Revidierten Europäischen Sozialcharta (RESC). Die Beteiligung an wilden Streiks sei eine erhebliche arbeitsrechtliche Pflichtverletzung und die fristlosen Kündigungen deshalb wirksam, LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.04.2023, Az. 16 Sa 868/22.
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