Ratgeber
/ 24. November 2023

So berechnen Sie Fristen im Arbeitsverhältnis richtig

In der Personalarbeit ist die Einhaltung von Fristen nicht nur am Jahresende, sondern ganzjährig eine wichtige Aufgabe, die größte Sorgfalt erfordert. Versäum­nisse haben hier oft gravierende Folgen, die vermeidbar sind, wenn die Grundzüge der Fristberechnung beherzigt werden.

BGB enthält grundsätzliche Regeln

Fristen und Terminsbestimmungen spielen im Rechtsverkehr eine wichtige Rolle. Sie legen fest, innerhalb welchen Zeitraumes oder bis zu welchem Zeitpunkt eine bestimmte Handlung erfolgen muss. Wird eine Frist versäumt, kann dies dazu führen, dass Rechtsgeschäfte unwirksam werden, Rechte nicht mehr geltend gemacht werden können oder sonstige negative Folgen eintreten. Die wichtigsten Fristen sind gesetzlich geregelt. Verbindliche Fristen können aber auch vertraglich vereinbart werden. Wie Fristen berechnet werden, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 186 bis 193 BGB geregelt. Diese Vorschriften gelten grundsätzlich für alle Rechtsgebiete, sofern nicht ausdrücklich abweichende Regelungen bestimmt wurden.

Begriffsbestimmungen sind unerlässlich

Die allgemeinen Vorschriften des BGB gelten für Fristen und Terminsbestimmungen. Dabei wird unter einer Frist ein abgegrenzter Zeitraum verstanden, der bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Ein Termin ist dagegen ein bestimmter Zeitpunkt, an dem etwas geschehen soll oder zudem eine bestimmte Rechtswirkung eintreten soll. Ausgangspunkt für die Berechnung einer Frist ist die Frage, wann die Frist zu laufen beginnt. Das Gesetz unterscheidet in diesem Punkt zwischen sogenannten Ereignis- und Beginnfristen. Eine Ereignisfrist knüpft an ein bestimmtes Ereignis an und ist in § 187 Abs. 1 BGB geregelt, eine Beginnfrist stellt gemäß § 187 Abs. 2 BG maßgeblich auf den Beginn eines bestimmten Tages ab.

Fristbeginn muss genau ermittelt werden

Für die Fristberechnung ist die Unterscheidung, ob es sich um eine Ereignis- oder eine Beginnfrist handelt, von elementarer Bedeutung. Bei der Ereignisfrist zählt der Tag, an dem das Ereignis eintritt, bei der Fristberechnung nicht mit. Die Frist beginnt erst am nächsten Tag zu laufen. Bei der Beginnfrist wird der Tag, an dem die Frist zu laufen beginnt, bei der Fristberechnung mitgerechnet.

Wichtige Fristen im Arbeitsrecht

In der Personalarbeit spielen überwiegend Ereignisfristen eine Rolle. Ein Beispiel hierfür ist die Kündigung. Das den Fristbeginn auslösende Ereignis bei der Kündigung ist der Zugang des Kündigungsschreibens beim Kündigungsempfänger. An diesen Zeitpunkt knüpft der Lauf der Kündigungsfrist sowie die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Weitere Beispiele für Ereignisfristen sind:

  • Zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist für die außerordentliche Kündigung, § 626 Abs. 2 BGB (auslösendes Ereignis: Kenntnis des Arbeitgebers von den maßgeblichen Kündigungsgründen)
  • Vertragliche Ausschlussfristen (auslösendes Ereignis: Fälligkeit eines Anspruches)
  • Stellungnahmefrist des Betriebsrats bei einer Betriebsratsanhörung nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) (auslösendes Ereignis: Eingang des Anhörungsschreibens)

Ein Beispiel für eine Beginnfrist ist die vertrag­liche Vereinbarung eines auf eine bestimmte Zeit befristeten Arbeitsverhältnisses oder aber die Berechnung des Zeitpunktes, an dem für ein Arbeitsverhältnis die sechsmonatige Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz abgelaufen ist und somit der Kündigungsschutz greift.

So funktioniert die Fristberechnung bei Tagesfristen

Die Unterscheidung zwischen Ereignis- und Beginnfristen spielt nicht nur bei der Bestimmung des Fristbeginns eine Rolle, sondern auch bei der Berechnung des Fristablaufes. Das Fristende ist in § 188 BGB geregelt. Maßgeblich ist hier, ob eine Frist nach Tagen, Wochen, Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum (z. B. Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr) bestimmt ist. Während im kaufmännischen Bereich Tagesfristen durchaus üblich sind, treten diese im Personalwesen eher selten auf. Tagesfristen enden nach § 188 Abs. 1 BGB mit Ablauf des letzten Tages der Frist, also um 24:00 Uhr. Ein wichtiger Fall einer Tagesfrist gilt in Betrieben mit Betriebsrat, und zwar die dreitägige Stellungnahmefrist (Ereignisfrist) des Betriebsrats im Anhörungsverfahren zu einer außerordentlichen Kündigung.

Beispiel: Eingang des Anhörungsschreibens beim Betriebsrat (fristauslösendes Ereignis): 11.12. – Fristbeginn 12.12. um 00:00 Uhr  Fristende 14.12. um 24:00 Uhr  Kündigung durch den Arbeitgeber ab dem 15.12. zulässig.

Regelung bei längeren Zeiträumen ist kompliziert

Handelt es sich bei der Frist um eine Wochen-, Monats- oder Jahresfrist, ist die gesetzliche Regelung hierzu in § 188 Abs. 2 BGB ihrem Wortlaut nach ausgesprochen kompliziert. Es gibt hier aber Eselsbrücken, die die Bestimmung eines Fristablaufes bei Ereignisfristen vereinfachen.

Bei Wochenfristen ist der Wochentag entscheidend

Bei Ereignisfristen, die nach Wochen bemessen sind, gilt folgende Merkhilfe: Das Fristende fällt auf den gleichen Wochentag wie der Ereignistag.

Beispiel 1: Betriebsratsanhörung zur ordentlichen Kündigung – Frist zur Stellungnahme beträgt gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG eine Woche – Eingang des Anhörungsschreibens beim Betriebsrat (fristauslösendes Ereignis): Freitag, 08.12.2023  Fristbeginn Samstag, 09.12. um 00:00 Uhr  Frist­ende Freitag, 15.12. um 24:00 Uhr  Kündigung durch den Arbeitgeber ab dem 16.12.2023 zulässig.

Beispiel 2: Probezeitkündigung mit einer Frist von zwei Wochen gemäß § 622 Abs. 3 BGB – Zugang der Kündigung (fristauslösendes Ereignis): Montag, 11.12.2023 – Fristbeginn Dienstag, 12.12.2023 um 00:00 Uhr – Fristende (Endes des Arbeitsverhältnisses) Montag, 25.12.2023 um 24:00 Uhr.

Bei Monatsfristen gilt die Datumszahl

Bei Ereignisfristen, die nach Monaten bemessen sind, ist das Fristende der Tag, der in seiner Zahl dem Ereignistag entspricht. Beträgt z. B. eine Kündigungsfrist einen Monat, ist die Zahl des Tages des Ereignisses maßgeblich. Das Fristende ist dann der Tag mit der gleichen Zahl, nur einen Monat später. Fällt das Ereignis auf einen Tag, der im Monat des Fristendes fehlt, ist der letzte Tag dieses Monats das Fristende.

Beispiel: ordentliche Kündigung mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB – Zugang der Kündigung (fristauslösendes Ereignis): 31.01. – Fristbeginn 01.02. um 00:00 Uhr  Fristende (Endes des Arbeitsverhältnisses) am 28.02. (bei Schaltjahren 29.02.) 24:00 Uhr.

Beginnfristen enden nach anderen Regeln

Auch bei den Beginnfristen ist der Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht nur für juristische Laien schwer verständlich. Gemäß § 188 Abs. 2, 2. Alternative BGB enden Beginnfristen mit Ablauf des Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

Beispiel 1: Ein auf acht Wochen befristetes Arbeitsverhältnis beginnt am 04.12. (montags), es endet am 28.01. des Folgejahres 24:00 Uhr (sonntags).

Beispiel 2: Ein Arbeitsverhältnis mit sechsmonatiger Probezeit beginnt am 04.12. Die Probezeit endet am 03.06. des Folgejahres um 24:00 Uhr.

Achten Sie auf die Besonderheiten bei Rückwärtsfristen

Besondere Aufmerksamkeit ist bei Teilzeitwünschen eines Arbeitnehmers auf der Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes geboten. Will ein Mitarbeiter seine Arbeitszeit verringern, muss er dies spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Reduzierung schriftlich (in Textform) geltend machen und dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben. Will der Arbeitgeber der Reduzierung und/oder Verteilung der Arbeitszeit widersprechen, so muss er dem Mitarbeiter seine ablehnende Entscheidung spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn schriftlich mitteilen. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Rückwärtsfrist, die nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB berechnet wird.

Beispiel: Gewünschter Beginn der Reduktion: 01.07, Zugang der ablehnenden Entscheidung spätestens am 01.06.

Fälschlicherweise werden in der Praxis Fristen von vier Wochen häufig mit Monatsfristen gleichgesetzt. Vielmehr gilt, dass zwischen beiden Fristen streng differenziert werden muss.

Annemarie Böttcher

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