Ratgeber
/ 25. September 2023

Betriebsratsmitglied kündigen – schwierig aber nicht unmöglich

Auch wenn die Skepsis gegenüber Betriebsratsmitgliedern häufig groß ist, erfüllt die ganz überwiegende Anzahl der Arbeitnehmervertreter ihre arbeitsvertraglichen Pflichten ordentlich. Ist dies nicht der Fall, ist unter besonderen Voraussetzungen eine Kündigung möglich.

Sonderkündigungsschutz begründet keine Unkündbarkeit

Betriebsratsmitglieder genießen nach § 15 Abs.1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Sonderkündigungsschutz, der sie davor bewahren soll, dass sie wegen der Ausübung ihres Betriebsratsamtes durch eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses sanktioniert werden. Außerdem soll durch den Sonderkündigungsschutz die personelle Kontinuität des Betriebsratsgremiums gewahrt werden. Der Sonderkündigungsschutz bedeutet jedoch nicht, dass eine Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes ausgeschlossen ist, verboten ist nur die ordentliche Kündigung. Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist möglich.

Nur schwerwiegende Vertragsverletzungen rechtfertigen die Kündigung

Als wichtiger Grund für die Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes werden von der Rechtsprechung nur schwerwiegende Verletzungen der arbeitsvertraglichen Pflichten angesehen, z.B. Arbeitszeit- oder Spesenbetrug, sonstige Straftaten zulasten des Arbeitgebers, sexuelle Belästigungen oder massive Störungen des Betriebsfriedens (z.B. durch rassistische Agitation.

Betriebsratskündigung hat weitere Hürde

Für die Mandatsträger nach dem BetrVG gilt noch ein weiteres Kündigungshindernis. Selbst wenn ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes vorliegt, ist vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung des Betriebsratsgremiums nach § 103 BetrVG erforderlich. Durch diese Vorschrift soll in erster Linie die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats geschützt werden. Eine ohne Zustimmung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unheilbar nichtig.

So muss das Verfahren ablaufen

Das Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat ist nicht formgebunden und bedarf auch keines besonderen Antrages. Es ist aber unbedingt ratsam, das Zustimmungsersuchen schriftlich zu stellen und im Schreiben deutlich zu kennzeichnen, dass es sich nicht nur um eine Anhörung zur Kündigung nach § 102 BetrVG handelt, sondern um das Verfahren nach § 103 BetrVG. Entsprechend § 102 BetrVG kann dem Betriebsrat eine Frist von drei Tagen zur Erteilung der Zustimmung gesetzt werden. Das Zustimmungsersuchen ist grundsätzlich an den Betriebsratsvorsitzenden zu richten. Hinsichtlich der Art und des Umfanges der Informationen gelten dieselben Grundsätze wie zur Anhörung bei einer Kündigung eines „normalen“ Arbeitnehmers nach § 102 BetrVG, d. h., der Arbeitgeber muss die aus seiner Sicht maßgeblichen Kündigungsgründe so ausführlich schildern, dass sich der Betriebsrat ein eigenes Bild über die Berechtigung der Kündigung machen kann. Bei der Beratung und Beschlussfassung über die Zustimmung nimmt das betroffene Betriebsratsmitglied nicht teil, sondern an seiner Stelle ein Ersatzmitglied.

Bei Verweigerung der Zustimmung ist der Gang zum Arbeitsgericht möglich

Erteilt der Betriebsrat seine Zustimmung zur Kündigung nicht, bleibt dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit, beim Arbeitsgericht den Antrag zu stellen, die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen. Das Arbeitsgericht überprüft dann, ob die beabsichtigte außerordentliche Kündigung gerechtfertigt wäre und ersetzt dann die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats. Erst wenn die Zustimmung des Arbeitsgerichts vorliegt, kann die Kündigung ausgesprochen werden.

Die außerordentliche Kündigung ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Kündigungsgründe möglich. Innerhalb dieser Zeit muss die Zustimmung zur Kündigung vom Betriebsrat eingeholt und die Kündigung dem Betriebsratsmitglied zugestellt bzw. bei Zustimmungsverweigerung der Antrag auf Zustimmungsersetzung beim Arbeitsgericht eingereicht werden.

Annemarie Böttcher

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