Urteil
/ 25. August 2023

Recht auf Korrektur eines böswilligen Zeugnisses ist nicht verwirkt

Zeugnisstreitigkeiten erinnern bisweilen an einen Streit um des Kaisers Bart. Wenn ein Zeugnis jedoch offensichtlich mit bösem Willen erstellt wurde, ist der Wunsch nach Berichtigung des Zeugnisses auch nach längerem Warten noch berechtigt.

Zwischen Beanstandung und Klageerhebung liegen zwei Jahre

Nach mehreren erfolglosen Versuchen eines Arbeitgebers, einen unliebsamen Vertriebsingenieur zu kündigen, endete das Arbeitsverhältnis schließlich durch eine Eigenkündigung des Mitarbeiters. Das nachfolgend vom Arbeitgeber erteilte Arbeitszeugnis lautete auszugsweise wie folgt: „Herr …erbrachte während seiner Tätigkeit für unser Unternehmen eine insgesamt schwache Leistung. …Herr … war dem mit seinem Tätigkeitsbereich verbundenen Arbeitsumfang sowie den Herausforderungen der einzelnen Aufgaben nicht gewachsen. …Sein Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten war daher von Spannungen geprägt. Die vormals gezeigten Leistungen von Herrn … wurden durch seinen leichtfertigen Umgang mit vertraulichen Informationen und seine diesbezüglich bis heute fehlende Einsichtsfähigkeit für unser Unternehmen vollständig entwertet.“ Mit Anwaltsschreiben beanstandete der Vertriebsingenieur das Zeugnis u. a. als „unterirdisch“, erhob jedoch erst nach rund zwei Jahren erfolgreich Klage auf Zeugnisberichtigung. Das Gericht war – anders als der Arbeitgeber – der Meinung, dass der Anspruch auf die Berichtigung des Zeugnisses trotz des langen Zuwartens mit der Klage nicht verwirkt sei. Ein Arbeitgeber habe kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des erteilten Zeugnisses, wenn er den Arbeitnehmer böswillig mit „ungenügend“ beurteilt habe und der Arbeitnehmer das Zeugnis als „sittenwidrig“, „unterirdisch“ und „von vorsätzlicher Schädigungsabsicht getragen“ beanstandet habe. Dies gelte auch dann, wenn zwischen Beanstandung und Klageerhebung zwei Jahre lägen, LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 31.05.2023, Az. 4 Sa 54/22.

Ansprüche können auch vor Ablauf der Verjährungsfrist verfallen, wenn sie verwirkt sind. Eine Verwirkung kann vorliegen, wenn der Gläubiger lange Zeit mit der Geltendmachung seines Rechts gewartet hat (Zeitmoment) und der Schuldner nach dem Verhalten des Gläubigers darauf vertrauen konnte, dass Ansprüche nicht mehr erhoben werden (Umstandsmoment).

Annemarie Böttcher

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