Behördliche Zustimmung zur Kündigung kann BEM nicht ersetzen
Kündigung trotz Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam
Eine einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Arbeitnehmerin war seit 2014 durchgehend arbeitsunfähig krank. Als der Arbeitgeber sie 2019 zur Durchführung eines BEM einlud, teilte sie mit, am BEM teilnehmen zu wollen. Da sie aber die ihr übersandte Datenschutzerklärung nicht unterzeichnete, wurde kein BEM durchgeführt. Der Arbeitgeber beantragte beim zuständigen Integrationsamt die Zustimmung zur beabsichtigten krankheitsbedingten Kündigung, die auch erteilt wurde. Gegen die daraufhin ausgesprochene Kündigung erhob die Arbeitnehmerin erfolgreich Klage. Nach Ansicht des BAG war die krankheitsbedingte Kündigung unverhältnismäßig, weil der Arbeitgeber nicht darlegen konnte, dass keine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Mitarbeiterin bestand.
Der Arbeitgeber kam seiner Verpflichtung zur Durchführung eines BEM nach § 167 Abs. 2 SGB IX (Neuntes Buch des Sozialgesetzbuches) nicht nach. Er konnte auch nicht darlegen, dass ein BEM entbehrlich gewesen wäre, weil es nicht dazu hätte beitragen können, weiteren Krankheitszeiten vorzubeugen und das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Der Arbeitgeber durfte die Einleitung des BEM-Verfahrens auch nicht davon abhängig machen, dass die Arbeitnehmerin die vorformulierte Datenschutzerklärung unterzeichnet. Die Vorschrift des § 167 SGB IX sieht die schriftliche Zustimmung des Arbeitnehmers in die Verarbeitung seiner im Rahmen eines BEM erhobenen Daten nicht als tatbestandliche Voraussetzung für die Durchführung eines BEM vor. Auch die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung machte die Durchführung des BEM nicht entbehrlich. Die Zustimmung enthält keine Vermutung dafür, dass ein BEM eine Kündigung nicht hätte verhindern können. Die Kündigung war deshalb sozial ungerechtfertigt und daher unwirksam, BAG, Urteil vom 15.12.2022, Az. 2 AZR 162/22.…