Praxisbericht
/ 26. April 2023

Stellenanzeige „flinke Frauenhände“ ist diskriminierend

Nicht nur bei Stellenausschreibungen droht die Diskriminierungsfalle. Auch bei Absagen an Stellenbewerber ist Vorsicht geboten. Die falsche Formulierung kann hier kostspielige Folgen haben.

Erfolgreiche Entschädigungsklage nach diskriminierender Absage

Ein männlicher Bewerber hatte sich auf eine Stellenanzeige beworben, mit der ein Unternehmen einen Bestücker für Digitaldruckmaschinen zur Produktion filigraner Automodelle suchte. Er erhielt eine Absage, die folgenden Wortlaut hatte: „Sehr geehrter Herr D…, vielen Dank für Ihre Bewerbungsunterlagen. Unsere sehr kleinen, fili­granen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Sie für diese Stelle nicht infrage kommen. Ich wünsche Ihnen für Ihren weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute.“ Der Stellenbewerber fühlte sich durch die Absage diskriminiert und verklagte das Unternehmen erfolgreich auf Zahlung einer Entschädigung. Das Gericht sah in der Begründung der Absage zumindest ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung des Stellenbewerbers aufgrund seines Geschlechts. Das Unternehmen habe daher die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung wegen des Geschlechts stattgefunden habe. Diesen erforder­lichen Gegenbeweis habe das Unternehmen jedoch nicht erbracht. Die Prokuristin des Unternehmens habe dem Stellenbewerber vielmehr aufgrund ihrer Lebenserfahrung, dass Frauen in der Regel mit der kleinteiligen Arbeit besser zurechtkommen als Männer, abgesagt. Die persönliche Lebenserfahrung der Prokuristin habe damit im Ergebnis dazu geführt, dass der Stellenbewerber eine Absage erhalten habe. Er sei daher im Bewerbungsverfahren wegen seines Geschlechts benachteiligt worden, sodass eine Entschädigung in Höhe von eineinhalb Bruttomonatsgehältern angemessen sei, LAG Nürnberg, Urteil vom 13.12.2022, Az. 7 Sa 168/22.

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