Aufgepasst: Probezeitklauseln müssen eindeutig sein!
Vertragsklausel lässt mehrere Möglichkeiten zu
Ein Unternehmen mit mehr als 2.500 Arbeitnehmern hatte zum 07.09.2020 eine Personalleiterin eingestellt. Im Arbeitsvertrag wurde in § 1 unter der Überschrift „Aufgaben und Pflichten“ u.a. eine Probezeit und in § 12 unter der Überschrift „Vertragsdauer und Kündigung“ eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende vereinbart. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis der Personalleiterin gegen Ende der Probezeit mit Schreiben vom 02.03.2021 mit einer Kündigungsfrist von 14 Tagen zum 16.03.2021. Die Personalleiterin meinte, dass der Arbeitgeber die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist hätte einhalten müssen und klagte gegen ihre Kündigung. Das Gericht gab ihr Recht. Werde in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer Klausel eine Probezeit und in einer anderen Klausel eine Kündigungsfrist festgelegt, ohne dass unmissverständlich deutlich wird, dass diese ausdrücklich genannte Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten solle, sei dies von einem durchschnittlichen Arbeitnehmer regelmäßig dahingehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon von Beginn des Arbeitsverhältnisses an nur mit dieser Kündigungsfrist, nicht aber mit der zweiwöchigen Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kündigen könne. Dass die Gestaltung des Arbeitsvertrages auch eine andere Auslegung zulasse und die Personalleiterin juristische Kenntnisse habe, spiele keine Rolle. Die Unklarheiten der Vertragsgestaltung gingen zulasten des Arbeitgebers, LAG Thüringen, Urteil vom 06.12.2022, Az. 1 Sa 300/21.
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